70 Jahre Scherberger Jungenspiele

Tradition die lebt

Wie alt das Scherberger Jungenspiel tatsächlich ist, weiß wohl niemand. Das hängt zum einen damit zusammen, dass das Reglement, nachdem alljährlich die Würselener Jungenspiele und damit auch das Scherberger Jungenspiel zustande kommen, über Jahrzehnte, ja möglicherweise über Jahrhunderte (die ersten Hinweise auf die Würselener Jungenspiele datieren aus Mitte des 17. Jahrhunderts) nur mündlich überliefert wurde. Soweit es überhaupt Aufzeichnungen gegeben hat, sind diese womöglich während der schweren, wochenlangen Kämpfe in und um Würselen während des II. Weltkrieges im Oktober und November 1944, bei denen 97 Prozent aller Gebäude in Würselen beschädigt oder zerstört wurden, verloren gegangen. So sind auch aus der Vorkriegszeit nur fragmentarische Kenntnisse über das Scherberger Jungenspiel bzw. die Spielspitzen des Scherberger Jungenspiels vorhanden. Das älteste namentlich bekannte Königspaar des Scherberger Jungenspiels ist das Königspaar aus dem Jahre 1923. Damals war Josef Pütz Maikönig des Scherberger Jungenspiels, seine Maikönigin hieß Margarethe Havenith.

Doch bereits zwei Jahre nach Ende des II. Weltkrieges wurde im Mai 1947 in Scherberg mit Franz Offermann und Maria Koch das erste Königspaar der Nachkriegszeit ausgerufen. Ein Jahr später war es dann soweit: Mit Hans Schmitz und Marianne Esklavon als Maikönig und Maikönigin, Willi Meys als Maiknecht und Joseph Cohnen als Pritschenmeister stellte das Scherberger Jungenspiel wieder die erste komplette Spielspitze. Drei Wochen nach Pfingsten marschierte dann das Scherberger Jungenspiel erstmals nach dem zweiten Weltkrieg wieder durch die Straßen Scherbergs.

Damit begann auch die „moderne“ Zeitrechnung des Scherberger Jungenspiels, welches seit dem Jahre 1948 in diesem Jahr zum 70. Mal in ununterbrochener Reihenfolge zur Freude der Scherberger Bevölkerung ausmarschiert.

Dass dies möglich wurde, ist mehreren Umständen zu verdanken. Zum einen, weil die Scherbergerinnen und Scherberger „ihr“ Jungenspiel immer unterstützt und damit die wirtschaftliche Basis dafür geschaffen haben, dass dieses großartige Brauchtum bis zum heutigen Tag existieren konnte. Zum anderen sind es die Maikönige der vergangenen 70 Jahre, die der alten Tradition folgend in jedem Frühjahr die unverheirateten jungen Männer des Ortsteils Scherberg zusammengerufen haben, um in der ersten Versammlung traditionell die Frage zu stellen: „Machen wir ein Spiel?“ Und last but not least sind es natürlich die ungezählten Maimädchen, Maijungen und Pritschenkinder, die in den vergangenen Jahrzehnten mit großer Begeisterung, einem enormen Arbeitseinsatz und bis zur Gründung des Vereins zur Förderung des Scherberger Maibrauchtums auch oftmals unter hohem finanziellen Risiko die alte Tradition des Scherberger Jungenspiels lebendig gehalten haben.

Heute können die Maimädchen und Maijungen mit großem Stolz auf das zurückblicken, was sie und ihre Vorgängerinnen und Vorgänger in den vergangenen 70 Jahren geleistet haben. Steht doch das Scherberger Jungenspiel nach zum Teil auch schweren Jahren, in denen um die Existenz des Jungenspiels gerungen werden musste, wirtschaftlich gesund dar. Zudem erfreut sich das Scherberger Jungenspiel in den letzten Jahren einer großen, überörtlichen Beliebtheit mit der Folge, dass das Scherberger Jungenspiel heute mit Fug und Recht von sich behaupten kann, eines der größten, wenn nicht sogar das größte Jungenspiel Würselens zu sein.

Nichts trifft die Situation des Scherberger Jungenspiels somit besser als das langjährige Motto des Scherberger Jungenspiels :

„Tradition, die lebt“.

Zum 70-jährigen dem Scherberger Jungenspiel auch von dieser Stelle die herzlichsten Glückwünsche verbunden mit der Hoffnung, dass das Scherberger Jungenspiel noch viele, viele Jahre und Jahrzehnte die Herzen der Menschen erfreuen möge.

Karl-Jürgen Schmitz